Beetle Banks – Ein Update

Beetle Banks – Ein Update2022-05-20T14:38:04+00:00

Project Description

Zusammenfassung zum Projekt „Optimierung von biodiversitätssteigenden Maßnahmen in der Agrarlandschaft“ (kurz: „Beetle Banks Projekt“)

© Dr. Daniel Hoffmann, Game Conservancy Deutschland e.V.

Vorbemerkungen
Das Projekt „Optimierung von biodiversitätsfördernden Maßnahmen in der Agrarlandschaft“ hatte einerseits die Betrachtung der ökologischen Vorteile von sogenannten Beetle Banks (Insektenwall, Käferwall) zum Schwerpunkt, anderseits wurden auch ökonomische Berechnungen durchgeführt und die maschinelle Errichtung eines solchen Walles getestet, um eine praxisgerechte Umsetzung als Agrarumweltmaßnahme zu erreichen. Praktikabilität und Akzeptanz sind neben dem Nachweis ökologischer Sinnhaftigkeit wichtige Voraussetzungen.
Die Game Conservancy Deutschland e.V. (GCD) hat schon seit vielen Jahren die Vorteile von Beetle Banks beworben, allerdings hat die Maßnahme, die schon in den 1980er Jahren in England vom dortigen Game and Wildlife Conservation Trust (GWCT) entwickelt wurde, bis
auf ganz wenige Ausnahmen den Sprung über den Ärmelkanal nicht geschafft. Dabei wird die Maßnahme dort seit langem als Agrarumweltmaßnahme geführt und entsprechend vergütet und es liegen wissenschaftliche Ergebnisse vor über den Wert von Beetle Banks für dieArtenvielfalt. Nach aufwändiger Vorarbeit konnte es im Jahr 2019 gelingen, dass die GCD mit finanzieller Unterstützung des Bayrischen Staatministeriums für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten (StMELF) mit den ersten Beetle Banks in Bayern beginnen konnte. In Zusammenarbeit mit dem Bayrischen Bauerverband (BBV) und den Familienbetrieben Land und Forst Bayern e.V. wurden in drei ackerbaulich geprägten Regionen Bayerns Betriebe gefunden, die für zwei Jahre an dem Projekt aktiv mitwirken und ihre Flächen für Beetle Banks vorbereiteten. Es beteiligten sich zwei Familienbetriebe in Niederbayern in den Gemeinden Gottfrieding und Mamming, zwei Betriebe in Unterfranken in Mariaburghausen und Hainert sowie ein Betrieb in Schwaben in Birkhausen, Wallerstein im Nördlinger Ries. Bis auf den Hof in Hainert wirtschaften alle Betriebe konventionell, wobei es in dieser Studie nicht Gegenstand war, bezüglich der Bewirtschaftungsform zu unterscheiden. Die fachliche Unterstützung wurde durch die Hochschule Weihenstephan Triesdorf (HSWT) geleistet, wo auch zwei Bachelorarbeiten zum Thema abgeschlossen werden konnten.

Anlage der Beetle Banks
Die Anlage einer Beetle Bank erfolgt mit einem Pflug. Zunächst wird die Lage des Walles auf die Maschinenkonstellation des Betriebes im Feld angepasst und berechnet. Die Beetle Bank wird in einen Ackerschlag oder an den Rand eines Schlages als Grenze zum Nachbarschlag
gelegt. Der Wall soll nicht nahe und parallel von Wegen oder Straßen führen, sondern im Idealfall im rechten Winkel davon wegführen. Das Vorgewände wird in der Regel nicht gepflügt, was ein Umfahren der Beetle Bank bei der Bearbeitung erleichtert und zudem wird das Auffinden durch Prädatoren am Boden durch den Abstand zu den Feldwegen erschwert und es werden keine Spaziergänger verleitet, die Beetle Bank zur Freizeitnutzung zu okkupieren. Auf dem Acker wird ein circa fünf Meter breiter Streifen ausgewählt, der zuvor je nach Boden und
Feuchte gegrubbert werden kann, dass die Krume nicht zu grobschollig wird. Der Pflug wird außen angesetzt und die Schare werfen die Erde zum Inneren des Streifens. Dieser Vorgang wird beim Wenden in gegengesetzter Richtung wiederholt, ohne dass der Pflug gedreht wird.
Der Vorgang wird in der Regel zwei- bis dreimal je Seite wiederholt, bis in der Mitte ein circa drei Meter breiter und gut 40 Zentimeter hoher Wall entsteht. Nach dem Anhäufen im Herbst, kann der Wall sich über Winter setzen und wird im nächsten Frühjahr mit einer kleinen Sämaschine oder händisch eingesät. Wenn eine Anlage im Frühjahr erfolgt, sollte etwa drei Wochen mit der Saat gewartet werden.

Abbildung 1: Anlage einer Beetle Bank durch mehrmalige Zusammenpflügen
Abbildung 2: Beetle Bank mit Wildpflanzen und horstbildenden Gräsern im 2. Jahr als Trennstruktur zwischen zwei
Ackerschlägen

Saatgut und Entwicklung
Meist werden Beetle Banks mit einer überwiegenden Gräsermischung eingesät und es wird in der Regel ein geringer Kräuter- und Wildpflanzenanteil von unter 20 Prozent, teilweise unter 10 Prozent eingebracht. In dem hier vorgestellten Projekt zur Optimierung von biodiversitätsfördernden Maßnahmen wird eine wesentlich wildkräuterreichere Mischung mit einem Nicht-Gras-Anteil von 33 Prozent eingesetzt.
Der hohe Kräuter- und Wildpflanzenanteil in einer Beetle Bank wird in der ansonsten aus landwirtschaftlicher Sicht optimal genutzten Landschaft als unbedingt empfehlenswert angesehen. In den vergangenen 15 Jahren hat Deutschland über 600.000 Hektar Brachefläche verloren und umso wichtiger sind nun artenreiche Elemente, die für alle Wildtiere eine abwechslungsreiche und natürliche Nahrungsgrundlage bieten. Mosaikartig in die Kulturlandschaft eingestreut, können Beetle Banks Aufzucht, Ernährung und auch einen wichtigen Beitrag zur Gesundherhaltung zahlreicher Arthropoden und der höheren Wildtiere leisten. Die Mischung bietet trotz des Pflanzenreichtums einen guten Bestockungsgrad mit horstbildenden Gräsern, die ein wichtiges Mikrohabitat für Insekten schaffen. Durch einzelne hochwachsende Pflanzen wie Karde und Königskerzen erhält die Beetle Bank eine stabile Vertikalstruktur, die ganzjährig einen Schutz z.B. vor Greifvögeln bietet. Wie sich die Beetle Banks in den kommenden Jahren entwickeln, wird von der G.C.D. fachlich weiterhin begleitet.Die hier eingesetzt Mischung hat sich auch bei Betrachtung der positiven Ergebnisse in Bezug auf die Entwicklung der Biodiversität sehr bewährt und wird weiterempfohlen. Mit dieser Mischung entstehen Ganzjahresbiotope, die Nahrung, Ruhe und Deckung liefern.

Förderhöhe und Umsetzung
Die Förderung einer künftigen Maßnahme „Beetle Bank“ wurde in den Grundschritten an den Berechnungsdaten der KTBL ausgerichtet. Damit ist eine fachlich solide Datenbasis hergestellt. Die Berechnungne stammen im Wesentlichen von Prof. Dr. Dr. Ralf Schlauderer von der HSWT
und wurden in Teilen angepasst. Es wurde ein Vergleich zwischen der Tätigkeit Anlage einer Beetle Bank und Anlage einer mehrjähirge Blühfläche dargestellt. Danach würde sich für eine Beetle Bank eine Ausgleichzahlung von 875,- EUR Je jahr und Hekta ergeben. Mit einem
Angleich für hohe Ertrasgemesszahlen könnten sich in Schritten bis zu 1.025,- EUR je Jahr und Hektar ergeben. Nach zahlreichen Besprechungen mit Landwirten, die sowohl Pächter als auch Eigentümer sind, wäre dies eine Förderhöhe, die auch betriebswirtschaftlich interessant ist. Ein verpflichtendes jährliches Mulchen muss auf einer Beetle Bank unterbleiben. Es kann ein situationsbedingter Turnus von einzlenen Teilen der Flächen angewandt werden. Auch wird es als wichtig erachtet, dass die Fünfjahresregelung für Beetle Banks entfältt und
diese dauerhaft den sogenannte Ackerstatus behalten. Die Maßnahme sollte in gleichem Umfang und gleicher Höhe der Vergütung für
konventionelle wie biologische Beteieb angewandt werden. Hier werden Ganzjahreslebensräume geschaffen, die unabhängig des Bewirtschaftungsystems in der Agrarlandschaft fehlen.

Abbildung 3: Reviermittelpunkte der Feldlerche nach Revierkartierungen in den Jahren 2020 und 2021 (Erhebung: Felix Kleemann, Trifolium Consulting)
Abbildung 4: Bei den Kartierungen wurden mittels Klangattrappe im Frühjahr 2021 über sieben Rebhuhnpaare je 100 Hektar nachgewiesen.

Arthropoden, Feldvögel und Feldhasen
In der Studie kamen sog. Malaisefallen für die Bewertung der fliegenden Insekten zum Einsatz und für die sich am Boden bewegenden Insekten, Spinnen und andere wurden sogenannte Barberfallen eingegraben. Die sehr aufwändige Auswertung zeigt für beide betrachteten
Fallentypen einen signifikant höheren Fangerfolg auf den Beetle Banks als auf den Vergleichsflächen. Nicht nur die Anzahl gefangener Insekten konnte gesteigert werden, auch die Vielfalt der teilweise bis auf Familienniveau bestimmten Infekten und Spinnen war auf den Beetle Banks höher. Bei den Vogelarten wurde ein besonderer Fokus auf bodenbrütende Feldbewohner gelegt. Die Feldlerche kann hier als Paradebeispiel dienen. Die Dichte der Feldlerche hat in allen drei Gebieten deutlich zugenommen in den beiden Jahren und hat sich im Untersuchungsgebiet
Birkhausen im Nördlinger Ries sogar verdoppelt. Nachdem aufgrund der bundesweit niedrigen Populationsdichte des Rebhuhns die Art im Jahr 2020 kaum beachtet wurde, da ein Vorkommen nur als marginal einschätzt wurde, wurden nach einer Kartierung mittels Klangattrappe im Frühjahr 2021 über sieben Paare je 100 Hektar nachgewiesen. Dies ist für weite Teile Mitteleuropas ein außerordentlich hoher Wert. Bei den Feldhasen wurden nach der Taxation mit Wärmebildkameras ein Anstieg ebenfalls in allen drei Gebieten festgestellt. Die größte Populationszunahme wurde wiederum im Gebiet Birkhausen nachgewiesen. Dort werden Feldhasen mit gleicher Methodik seit 2017 gezählt
und dies wird im direkten Nachbarrevier Maihingen ebenso durchgeführt. In Maihingen blieben bei unveränderter Landwirtschaft und gleichbleibend intensiver Prädatorenbejagung die Besätze auf einem stabilen hohen Niveau, während die Hasendichte sich bei lediglich dem
veränderten Faktor der hinzugefügten Beetle Banks der Bestand verdoppeln konnte.

Abbildung 5: Entwicklung der Herbstdichten des Feldhasen (Individuen / 100 ha) in den benachbarten Revieren Maihingen und Birkhausen im Nördlinger Ries seit 2017. In Birkhausen wurden 2020 im März im Rahmen des Projektes 9 Beetle Banks auf ca. 400 ha angelegt.
Abbildung 6: Bei den Feldhasen wurden nach der Taxation mit Wärmebildkameras ein Anstieg ebenfalls in
allen drei Gebieten festgestellt.
Abbildung 7: Hasenbesätze können sich bei konventioneller Landwirtschaft ohne Beetle Banks bei intensiver Prädatorenbejagung höchstens stabilisieren. Beetle Banks können zu Bestandswachstum führen.

Fazit
Es besteht dringender Handlungsbedarf in der Gestaltung der Agrarlandschaft und es müssen Konzepte entwickelt werden, die auf möglichst kleiner Fläche, einen möglichst hohen Nutzen für die Förderung der Biodiversität erbringen. Eine Landwirtschaft auf höchster Leistungsstufe
– unabhängig ob die Betriebe ökologisch oder konventionell arbeiten – und der Erhalt und die Förderung der Biodiversität dürfen sich nicht ausschließen. Dieses Projekt hat mit dengezeigten Erfolgen der Biodiversitätssteigerung einen Beitrag dazu geleistet, Ökologie und
Ökonomie in der Landwirtschaft in Einklang zu bringen. In allen drei Regionen hat sich ein positiver Effekt in Bezug auf die Entwicklung der Feldvögel und des Feldhasen gezeigt. Die Anlage der Beetle Banks stellt per se eine sehr gute Maßnahme dar, um Feldvögel und Feldhasen sowie weitere Säuger und auch Arthropoden (u.a. Insekten) zu fördern. Die wesentlichen Erfolge im Artenschutz stellen sich aber dort ein, wo
Prädatorenbejagung und Habitatschaffung gleichermaßen umgesetzt werden. Die Anlage von Beetle Banks in Agrarlandschaften ist eine ökologisch so wertvolle Maßnahme, dass sie dringend in das Bayrische Kulturlandschaftsprogramm (KULAP) oder ähnliche
Programme anderer Bundesländer aufgenommen werden sollte. Dies unterstreicht die wissenschaftliche Auswertung des Projekts.