Artenförderung im Wirtschaftswald

Artenförderung im Wirtschaftswald2021-02-08T09:26:01+00:00

Project Description

Strukturvielfalt im Wirtschaftswald

Waldkunde-Institut Eberswalde © Prof. Dr. habil. Gerhard Hofmann

Der heutige Wirtschaftswald unterscheidet sich strukturell maßgeblich von den lichtarmen Buchenlaubwäldern, die sich in Deutschland nach der letzten Eiszeit entwickelt haben. Werden Wirtschaftswälder jedoch traditionell bewirtschaftet, gewährleisten sie über ihre vielfältigen wirtschaftlichen und landeskulturellen Aufgaben hinaus einen unverzichtbaren Beitrag zur Erhaltung der Pflanzenartenvielfalt in der heutigen Kulturlandschaft.

Nach der letzten Eiszeit führten in Mitteleuropa Klima und Boden im nacheiszeitlichen Entwicklungsprozess der Vegetation auf natürlichem Wege zu einer nahezu vollständigen Bewaldung des Landes. Selbstorganisationskräfte der heimischen Pflanzenwelt gestalteten in ungestörter Entwicklung vor dreitausend Jahren dichte, dunkle und geschlossene unwegsame Laubbaum-Waldungen, wie sie noch in Beschreibungen der Römer erwähnt wurden. Selbst aus dem Mittelalter, als der Mensch schon durch große Waldrodungen in das Landschaftsbild eingegriffen hatte, sind Überlieferungen über dunkle undurchdringliche Wälder bekannt, die von den Menschen damals als unheimlich und angsteinflössend empfunden wurden. Diese Naturwälder wurden vom Menschen durch andauernde Rodungen zerstört und auf der verbliebenen Waldfläche dazu noch weitgehend devastiert. Eine große Holznot entstand und erzeugte die erste Energiekrise.Vor über 200 Jahren gab der Mensch mit der Entwicklung der geregelten nachhaltigen Forstwirtschaft dem Wald wieder eine echte Perspektive. Das war eine Kulturtat hohen Ranges mit vielfältigem Nutzen für die Menschen, ihre Umwelt und ihre Heimat. Ein Drittel der Landesfläche wird seit dieser Zeit unter wissenschaftlicher Begleitung vom Staat, Körperschaften und privaten Waldbesitzern gemeinsam als „boni patres familias“ in gute Obhut genommen.

Neues Waldbild vom Menschen geprägt
Mit der Neugestaltung der Waldungen vor 200 Jahren entstand über die Forstkultur ein neues, künstlich geschaffenes Waldbild, in dem Nadelbäume hohe Anteile erhielten. Die Bewirtschaftung und Nutzung dieser neuen Wälder, die im Sprachgebrauch als Forsten bezeichnet werden, brachte und bringt über Durchforstungen, Lichtungen, flächenhafte Holzentnahmen, Bodenbearbeitungen, Wege, Nichtholzbodenflächen sowie den vermehrten Aufenthalt von Menschen, neuerdings auch mit Maschinen, vegetationswirksame Störungen in die Waldbestände, die vor allem über den durch diese Störungen erfolgenden höheren Lichtgenuss in Waldungen auf die Vorkommen und die Entwicklung der Pflanzen- und Tierwelt in den Waldungen ständig einwirken.

Bei diesem Prozess blieb keine Waldfläche in Mitteleuropa ohne menschlichen Einfluss, alle Waldungen sind somit ein gewordener Teil von Kulturlandschaften. Der Grad menschlicher Einflussnahme auf Wälder ist regional, standörtlich und forstwirtschaftsgeschichtlich differenziert, ihr Zustand reicht heute von relativ naturnah bis naturfern. Der derzeitige waldkundliche Wissensstand sagt uns, dass die Landfläche Deutschlands unter den derzeitigen Klima- und Bodenverhältnissen potentiell zum größten Teil mit buchenreichen Laubwäldern bedeckt wäre, die mit dichtgeschlossenen Kronendächern wenig Licht auf den Boden lassen würden. Unter dem Kronendach solcher Dichtwälder gelangen in der Vegetationszeit nur ein bis drei Prozent der Außenhelligkeit auf den Waldboden. Völlig anders ist die Situation bei den Waldbeständen, die forstlich neu begründet und intensiv bewirtschaftet wurden, und die deshalb nur begrenzte oder wenig Übereinstimmung mit dem heutigen potentiellen natürlichen Waldbild haben. Hier liegen bezüglich der Artenvielfalt nur wenig belastbare Untersuchungsergebnisse vor.

Wirtschaftswälder im Vergleich
An zwei Beispielen (Revier Hausen in Bayern und Revier Görlsdorf in Brandenburg) aus dem forstlich langzeitig bewirtschafteten Fürst Oettingen-Spielberg’schen Waldbesitz und einer plenterartig bewirtschafteten Vergleichswaldung in Thüringen soll diesem Problem nachgegangen werden. Das Waldkunde-Institut Eberswalde wurde von der Game Conservancy Deutschland mit der Durchführung der Aufgabe beauftragt.

Buchenwald in der Rhön, Dichtwaldstruktur durch langjährig weitgehende Selbstorganisation bei geringer forstlicher Beeinflussung. Foto: U. Bohn

Abb. 2: Buchenplenterwald Keula, oberholzreicher Bestand, 26 Pflanzenarten auf 900 m². Foto: Dr. G. Hofmann

Artenvielfalt im Buchen-Plenterwald Hainich-Dün

Der Kronenschlussgrad der Buchenbestände hatte sich durch Nutzungsverzicht seit 1961 in Selbstorganisation im Zeitraum von 3 Jahrzehnten merklich erhöht, trotz erheblicher Immissionsbelastung ab 1970. Saure Niederschlagsabflüsse an den Buchenstämmen ermöglichten an den Stammfüßen der Buche säuretoleranten Arten wie Dornfarn, Pohlmoos und einer ganzen Reihe weiterer Moose ein Neuankommen in den anspruchsvollen Buchenwäldern. Der Rückgang der Deckung der Bodenvegetation ist als kombiniertes Wirken von Schlussgraderhöhung der Baumschicht und saurem Fremdstoffeintrag zu werten.

Die in Tab. 5 strikt auf Probeflächen bezogenen Angaben über vorkommende Pflanzenarten sind Minimalwerte. Nur sie bilden aber eine reale Vergleichsbasis. Sie weisen das intensiv bewirtschaftete Revier Hausen als deutlich artenreicher als das Plenterwaldareal aus.

Vergleichswaldung Plenterwald Hainich-Dün in NW-Thüringen
Als Vergleich zu den nachfolgend dargestellten Ergebnissen aus dem Oettinger Wirtschaftswald wurde ein Waldareal gewählt, das seit Jahrhunderten mit wenig vegetationswirksamen forstlichen Eingriffen belastet wurde. Die gewählten Vergleichswaldungen besiedeln Höhenzüge, die aus waldarmem Umland herausragen, ähnlich wie das beim Oettinger Forst der Fall ist. Standorts- und vegetationskundlich besteht Ähnlichkeit, weil die Thüringer Plenterwälder als auch der Oettinger Forst potentielles natürliches Buchenwaldland in fast gleicher Höhenlage über NN und vergleichbaren Jahresniederschlägen sind.

Das gewählte Vergleichsgebiet Plenterwald in Westthüringen wurde von 1960 bis 1965 mit 292 Stichproben auf 22 km² Plenterwaldfläche zur Vegetations- und Standortserfassung belegt, wobei die Verteilung der Probeflächen auf standörtlicher und vegetationsstruktureller Basis erfolgte.

Im Vergleichsgebiet liegen zwei Naturschutzgebiete, das NSG Hainich (210 ha) und das NSG Keulaer Wald (300 ha), beide wurden 1963 intensiv untersucht und kartiert.

Im NSG Hainich wurde auf gleichen Geländepositionen der Erstaufnahme von 1963 die Vegetationserfassung 1993 wiederholt. Im Ergebnis kam heraus, dass das Waldtypeninventar nach über 30 Jahren unverändert geblieben ist, im Arteninventar dagegen ein Zugewinn von 39 Pflanzenarten aufgetreten ist, der seine Ursache in Störungen des Stoffkreislaufes der Bestände durch Eintrag von Stickstoffverbindungen und sauren Niederschlägen hat. Die Vegetationskarten der beiden Plenterwald-Naturschutzgebiete zeigen jeweils Großflächigkeit des Vorkommens der Leitwaldtypen. Die sich weitgehend in Selbstorganisation befindlichen Waldbestände streben hier, im Kronendach geschlossenen Vegetationsstrukturen zu, auch wenn sie durch Plenternutzung wesentlich stammzahlärmer im Oberbestand sind als unter unbeeinflusster Entwicklung.

Wirtschaftswald Oettinger Forst in Bayern
Das Revier Hausen, in dem heute Fichtenbestände die Hälfte der Revierfläche einnehmen, war Gegenstand der Bearbeitung. Das Revier ist nachweislich seit 1500 bewaldet und wird seitdem forstlich bewirtschaftet. Zur Untersuchung des Pflanzenartenbestandes wurde eine 450 ha große Fläche erstmals 1992 und zur Wiederholung 2015/2016 beprobt. Das erfolgte auf einem fest markierten Probeflächennetz von 212 standörtlich stratifizierten Probeflächen, worauf auf einer Gesamtfläche von 9 ha und 3.500 m² das gesamte Pflanzenarten-Inventar erfasst wurde.

Tatsächlich ist die Anzahl der in den Revieren vorkommenden Pflanzenarten noch höher. Mit einer Erhöhung der Probeflächenanzahl bzw. der konkreten erfassten Fläche steigt gesetzmäßig auch die Anzahl der erfassten Arten. Wenn man die im Revier insgesamt gefundenen Pflanzenarten aus den beiden Untersuchungsterminen sowie nach Probeflächeninventuren und Geländebeobachtungen zusammenführt, so ergibt sich, dass in den vergangenen 25 Jahren im Beispielsrevier Hausen insgesamt 601 verschiedene Pflanzenarten beobachtet wurden. Das ist für eine Wirtschaftswaldfläche von 450 ha eine außergewöhnlich hohe Pflanzenartenanzahl. Bemerkenswert ist die Tatsache, dass im Revier Hausen auf den Probeflächen von 200 bis 400 m² Bestandesfläche die durchschnittliche Anzahl der dort vertretenen Arten sich in den letzten 25 Jahren im Mittel um 7 erhöht hat.

Warum gibt es Unterschiede in der Artenvielfalt?
Aus dem Vergleich in Tab. 5 werden beträchtliche Unterschiede in der Pflanzenartenvielfalt zwischen den plenterartig bewirtschafteten NSG Keula und Hainich sowie dem intensiv forstlich bewirtschafteten Forstrevier Hausen deutlich.

Ursachen hierfür sind im Folgenden zu sehen: Unter den Bedingungen der Kulturlandschaft wird Artenvielfalt in Wäldern durch einen Wirkungs- und Beziehungskomplex bestimmt, der sich zunächst regional auf den pflanzengeographisch-klimatisch bestimmten Genpool von Pflanzenarten gründet. Durch langzeitiges menschliches Agieren in der Landschaft, durch lokale und regionale standortsökologische Zustände, forstwirtschaftsgeschichtlich geschaffene Fakten, neuerdings auch durch flächendeckende atmogene Fremdstoffeinträge und nicht zuletzt durch die seit einigen Jahrzehnten spürbare Erwärmung wird dieser natürliche Fundus der Pflanzenarten lokal in Qualität und Quantität modifiziert. Ein Schlüsselfaktor dabei ist der Lichtgenuss in Waldungen.

Revier Hausen, Sauerklee-Blaubeer-Fichtenforst. 23 Pflanzenarten auf 400 m² Bestandesfläche, ersetzt den natürlichen Hainsimsen-Buchenwald (siehe Abb. 13)

Revier Hausen, Perlgras-Douglasienforst, 35 Pflanzenarten auf 400 m² Bestandesfläche, ersetzt den natürlichen Perlgras-Buchenwald
Revier Hausen, Perlgras-Buchenwald, 21 Pflanzenarten auf 400 m² Bestandesfläche.
Revier Hausen, Waldschachtelhalm-Fichtenwald, 48 Pflanzenarten auf 800 m² Bestandesfläche.

Revier Hausen, Eisenhut-Eschenwald, 58 Pflanzenarten auf 800 m² Bestandesfläche.

Revier Hausen, Vorwald auf aufgelassenem Davallseggen-Quellsumpf, 62 Pflanzenarten auf 400 m² Fläche

Revier Hausen, Perlgras-Traubeneichenforst, 29 Pflanzenarten auf 400 m² Bestandesfläche, ersetzt den natürlichen Perlgras-Buchenwald
Revier Hausen, Zittergrasseggen-Buchenwald, 21 Pflanzenarten auf 400 m² Bestandesfläche.
Revier Hausen, Zittergrasseggen-Schlagflur, entstanden nach Windwurf eines Zittergrasseggen-Fichtenforstes auf potentiell-natürlichem Standort eines Zittergrasseggen-Buchenwaldes (Abb. 10), 30 Pflanzenarten auf 400 m² Fläche.
Revier Hausen, Pfeifengras-Waldwiese mit Sibirischer Schwertlilie, 32 Pflanzenarten auf 400 m² Fläche. Im Hintergrund Grauweiden-Sumpfgebüsch.
Revier Hausen, Hainsimsen-Buchenwald, 14 Pflanzenarten auf 800 m² Bestandesfläche.
Revier Hausen, Blaubeer-Kiefernforst, 22 Pflanzenarten auf 400 m² Bestandesfläche, ersetzt den natürlichen Hainsimsen-Eichen-Buchenwald.

Mehr Licht, mehr Arten
In wenig oder nicht bewirtschafteten Waldungen der gemäßigten (boreo-meridionalen) Klimazone führt die natürliche Selbstorganisation des Waldes zu dichten und dunklen Waldstrukturen. Die meisten Hochwaldbestände in Mitteleuropa neigen von Jugend an klimabedingt zu Dichtwuchs und hohem Schlussgrad des Kronendaches. In den Anfängen der Waldbewirtschaftung versuchten die sog. „Dunkelmänner“ diese Dichtwuchstendenz der Waldbestände ökonomisch zu nutzen, was sich aber nicht durchsetzen konnte.

Bewirtschaftete Wälder dagegen sind allgemein lichter strukturiert, weil verschiedene Durchforstungs-Verfahren dem natürlichen Stammzahl-Ausscheidungsprozess zeitlich und Bestandes-räumlich weit vorausgreifen. Der Forstmann setzt weitgehend auf Lichtungszuwachs, mitunter sogar auf einen Lichtwuchsbetrieb. Über Wege- und Abteilungsnetze, durch die Art der landschaftlichen Wald-Feldverteilung, durch die Nähe von Waldbeständen zum Offenland, durch Anteil und Verteilung von Waldinnenrändern, durch nutzungsorientierte Bestandesaufschlüsse, durch Nichtholzbodenflächen, Äsungsflächen und Waldwiesen sowie immer öfter durch Kalamitäten in wenig stabilen Waldbeständen gelangt viel mehr Licht in Waldungen, als es bei unbeeinflusster selbstorganisierter Waldentwicklung der Fall ist. Darüber hinaus variieren Kalkungen und Fremdstoffeinträge (über die Luft, durch den Wegebau und Verkehr) die Vorkommen von Pflanzenarten.

Alle diese Einflüsse greifen, komplex wirkend, störend in natürlich über Klima und Boden vorprogrammierte Waldentwicklungsabläufe ein und ermöglichen damit gleichzeitig stärker lichtabhängigen Pflanzenarten über Wege, Samenflug sowie über Einschleppungen durch Menschen, Tiere und Maschinen ein leichteres Eindringen in Waldareale, in denen sie spontan oder überliegend in der stets reich gefüllten Genbank des Waldbodens auf günstige Bedingungen zum Start warten.<

Störungen natürlicher Abläufe durch Bewirtschaftungsaktivitäten werden zur Triebkraft bei der Entwicklung der Artenvielfalt im Wirtschaftswald und der Kulturlandschaft.

Höhere Artenvielfalt unter den Primärproduzenten des Wirtschaftswaldes in Verbindung mit den durch Bewirtschaftung vielfältig entstandenen und divers verteilten Bestandesstrukturen wirken sich, wie mehrfach wissenschaftlich belegt, nicht nur auf die Vegetationsvielfalt eines Naturraumes aus, sondern fördern zwangsläufig auch das Vorkommen von Sekundärproduzenten und lassen zusätzliche Kleinlebensräume für Klein- und Großtiere der Landschaft entstehen und bewahren diese. Die Funktionen und Wirkungen des Wirtschaftswaldes gehen hier über die Potentiale unbewirtschafteter Waldungen weit hinaus (z. B. besonders hinsichtlich der Vorkommen wärmeliebender Insekten, bestimmter Vogelarten und der Sicherung von Winteräsung für wiederkäuendes Schalenwild).

Revier Görlsdorf in Nordbrandenburg
Ergebnisse eines Dauerversuchs zur Entwicklung von Vegetation und Pflanzenartenvielfalt in einem 1986 forstlich begründeten Kiefernbestand unter verschiedenen Durchforstungseingriffen im Forstrevier Görlsdorf, Abt. 731 a. Die Versuchsanlage zur Vegetations-Dauerbeobachtung wurde als 18 Parzellen-Stichprobe in drei 40 x 40 m große ertragskundliche Probeflächen integriert. Die Verteilung der einzelnen 10 m² großen Versuchsparzellen erfolgte in einer H-Geometrie (Bezugsgröße damit 180 m²) unter den standörtlichen Bedingungen eines mittelmäßig nährstoffversorgten Sandbodens bei mittleren Jahresniederschlägen um 540 mm. Bereits eine 12-jährige Untersuchungsreihe (Tab. 8) zeigt, dass die forstlich begründeten und bewirtschafteten jungen Kiefernbestände, denen gemeinhin besondere Artenarmut nachgesagt wird, in ihrer frühen Jugend schon mehr Pflanzenarten beherbergen als Buchenwälder, die auf diesen Standorten die Potentielle Natürliche Vegetation bilden.

 
 
 
 

Bereits eine 12jährige Untersuchungsreihe (Tab. 8) zeigt, dass die forstlich begründeten und bewirtschafteten jungen Kiefernbestände, denen gemeinhin besondere Artenarmut nachgesagt wird, in ihrer frühen Jugend schon mehr Pflanzenarten beherbergen als Buchenwälder, die auf diesen Standorten die Potentielle Natürliche Vegetation bilden.

Zusammenfassung

Die Ergebnisse aus den oben genannten Versuchen können zur Pflanzenarten- und Strukturvielfalt in Waldgebieten wie folgt zusammengefasst werden:

  • Nach guter forstlicher Praxis bewirtschaftete Waldreviere gewährleisten über ihre vielfältigen wirtschaftlichen und landeskulturellen Aufgaben hinaus einen unverzichtbaren Beitrag zur Erhaltung der Pflanzenartenvielfalt in der Kulturlandschaft.
  • Wirtschaftswälder als forstlich gestaltete Vegetationssysteme der Kulturlandschaft dominieren bei weitem auf der bewaldeten Landesfläche. Jede Waldfläche wird dabei von einer Vielzahl von Pflanzenarten besiedelt. Auf kleinstem Raum von 400 m² Fläche siedeln in Wäldern landesweit im Mittel um und über 20 verschiedene Pflanzenarten, nur selten sinkt ihre Anzahl auf 10 verschiedene Arten ab.
  • Pflanzenartenvielfalt auf Waldflächen wird durch Störungen gefördert, die durch Bewirtschaftungsaktivitäten auf der gesamten Waldfläche permanent erzeugt wurden und werden. Diese fördern vor allen den Lichteinfall in die Bestände und auf den Waldboden und schaffen so die Hauptursache für eine gemeinhin höhere Artenvielfalt in Wirtschaftswäldern gegenüber nicht bewirtschafteten, sich selbst organisierenden Waldbeständen.
  • Forstliche Bewirtschaftung schafft in Waldungen über das natürliche Potential von Naturwäldern hinaus eine erhöhte Vielfalt an Vegetationsstrukturen und Kleinstlebensräumen auf engem Raum bei diverser Verteilung. Damit entsteht eine der wichtigsten Grundlagen für das Gedeihen einer Vielzahl von Pflanzen und die von diesen abhängigen Kleintier- und Wildarten.
  • Forstliche Bewirtschaftung gefährdet oder vernichtet keine typischen Waldpflanzenarten, sondern bewahrt die gesamte genetische Vielfalt des nacheiszeitlichen Waldentwicklungsprozesses. Unter den Bedingungen moderner Landbewirtschaftung werden Waldungen mit ihren Beständen, Nichtholzbodenflächen, Waldwegen und Waldinnen- wie Waldaußenrändern vermehrt zu Rückzugs-, Auffang- und Erhaltungsflächen für typische und bedrohte Pflanzen des Offenlandes.
  • Ungestörte natürliche Vegetationsentwicklung führt unter den Klima- und Bodenbedingungen Deutschlands zu dichten, oft den gesamten Bestandesraum ausfüllenden, dunklen Waldstrukturen und damit zu weniger Pflanzenartenvielfalt auf der Fläche als unter standortgerechter nachhaltiger Waldbewirtschaftung.

Quellennachweis

HOFMANN, G. (1974): Die natürliche Waldvegetation Westthüringens, ihre Gliederung und ihr Weiserwert für Boden, Klima und Ertrag. Promotionsarbeit B an der AdL Berlin-Eberswalde, 3 Bde.

AHRNS, CH., HOFMANN, G.: Vegetationsdynamik und Florenwandel im ehemaligen mitteldeutschen Waldschutzgebiet „Hainich“ im Intervall 1963-1995. Hercynia N.F. Halle 31 (1998): 33-64. ISSN 0018-0637.

HOFMANN, G. (2011): Dauerversuch zum Studium der Entwicklung von Vegetation und Pflanzenartenvielfalt in einem Kiefernjungbestand unter verschiedenen Durchforstungseingriffen im Revier Görlsdorf, Abt. 731 a, Zusammenfassender Bericht der Beobachtungsperiode 1999 bis 2011. Manuskript in Fürst Oettingen-Spielberg’scher Forstverwaltung Oettingen.

REISER, B. (1993): Die reale und die heutige potentielle natürliche Vegetation des fürstlichen Oettinger Forstes/ Revier Hausen am nördlichen Rieswall. Diplomarbeit an der Universität des Saarlandes, Fachrichtung 6.6 Biogeographie.

WALDKUNDE-INSTITUT EBERSWALDE (2015 – 2017): Die Entwicklung der Pflanzenarten- und Vegetationsvielfalt unter forstlicher Bewirtschaftung und veränderten Umweltbedingungen im Oettinger Forst, Revier Hausen, 3 Bde. Manuskripte und Karten in Fürst Oettingen-Spielberg’scher Forstverwaltung Oettingen.

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