Insektenwälle in Bayern

Insektenwälle in Bayern2020-04-09T11:12:37+00:00

Project Description

Zwischenbericht des G.C.D.-Großprojektes

Gefördert aus Mitteln des Bayrischen Staatsministeriums für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten
Hoffmann, N. Ostendorf, L. Scheller & B. Koch  Stand: März 2020

Derzeitiger Projektstand

Nach der Genehmigung des Projektes „Optimierung von biodiversitätsfördernden Maßnahmen in der Agrarlandschaft“ (kurz „Beetle Bank Projekt“) zum 1.11.2019 durch das Bayrische Staatsministerium für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten konnten die Arbeiten zur Durchführung des Projektes beginnen. Zum Projektbeginn waren entsprechend des Projektantrages bereits drei potenzielle landwirtschaftliche Betriebe ausgewählt. Diese liegen in Schwaben, in Unterfranken und in Niederbayern. Aufgrund persönlicher Umstände musste im Dezember 2019 der Betrieb in Niederbayern seine Mitarbeit absagen. Auf Empfehlung des Bayrischen Bauernverbandes konnten jedoch innerhalb kurzer Zeit sehr gute Alternativbetriebe in Niederbayern gefunden werden.

In Vorgesprächen während des Jahres 2019 mit der Hochschule Weihenstephan – Triesdorf wurde das Konzept zur Umsetzung des Projektes diskutiert.

Es wurde eine Studienarbeit an der Hochschule mit drei Studenten zum Projekt ermöglicht. Innerhalb der Arbeit wurden in enger Abstimmung mit den zuständigen Professoren und der Projektleitung verschiedene Themenbereiche in direktem Bezug zur Anlage und dem Wert von Beetle Banks (auch Insektenwälle genannt) diskutiert und kalkuliert. Die Themenschwerpunkte umfassten die ökologischen Vorteile von Insektenwällen, wobei dies zunächst theoretisch bearbeitet wurde, da die Anlage der Wälle noch nicht erfolgt war. Weiterhin wurde eine erste ökonomische Betrachtung ausgeführt. Neben den Fixkosten wurden auch die variablen Kosten in Beispielrechnungen dargestellt, um eine solide Vergütung der Arbeiten zur Anlage und Pflege derInsektenwälle für die Landwirte aufzustellen. An dieser Thematik wird in den folgenden Monaten weiter intensiv gearbeitet. Ebenfalls fand eine Umfrage unter den bis dato zwei Betrieben und deren Nachbarbetrieben statt, wie die Umsetzung vonInsektenwällen in der landwirtschaftlichen Praxis persönlich beurteilt wird. Diese soziologische Umfrage wird in den kommenden Monaten des Projektes weiter ausgeführt, um ein Stimmungsbild und eine Information zur Bereitschaft zur Anlage von Insektenwällen bei den Landwirten auch außerhalb der mitarbeitenden Betriebe zu erhalten. Die Akzeptanz von Maßnahmen in der Agrarlandschaft ist von zentraler Bedeutung für das Gelingen und den nachhaltigen Erfolg des Projektes in der avisierten großräumigen Umsetzung.

Aufbauend auf der Studienarbeit an der Hochschule Weihenstephan-Triesdorf konnten für die Folgemonate des Projektes zwei Bachelorstudenten aus Triesdorf gewonnen werden, die ihre Bachelorarbeiten über das Thema Insektenwälle schreiben werden. Innerhalb dieser Arbeiten werden die ökologischen, die ökonomischen sowie die soziologischen Aspekte der Agrarumweltmaßnahme diskutiert und praxiserprobt.

Der schematische Aufbau einer Beetle Bank zwischen zwei Feldern. So kann sie ihre Aufgabe als Refugium für Insekten, Kleintiere und Spinnenarten erfüllen. Quelle: Game & Wildlife Conservation Trust

Anlage eines Insektenwalls durch Aufpflügen.

Angelegter Insektenwall in der Gemeinde Wallerstein Anfang April 2020

Mitarbeitende Betriebe

Gemäß Projektantrag sind inzwischen in den drei oben genannten Regionen Bayerns die landwirtschaftlichen Betriebe ausgewählt und die Bearbeitungsflächen sowie die Nullflächen sind ausgesucht.

In Schwabenarbeitet ein konventionell wirtschaftender Betrieb im Nördlinger Ries in der Gemeinde Wallerstein im Projekt. Im Gebiet sind insgesamt zehn Insektenwälle vorgesehen, wovon fünf einen begleitenden Blühstreifen bzw. einen Altgrasstreifen aufweisen. Die Zählungen der Feldhasen sind hier durchgeführt und der erste Kartierdurchgang zur Erfassung der Brutvögel ist gemäß Methodenvorgaben im März erfolgt.

Aufgrund der betrieblichen Struktur haben in Unterfranken zwei benachbarte Betriebe gemeinsam die Anlage der Insektenwälle vorgesehen, um auf die erforderliche Stichprobe gemäß Projektantrag zu erreichen. Auf dem Gut Mariaburghausen wird konventionell gewirtschaftet, wobei der Nachbarbetrieb ökologische Landwirtschaft betreibt. Diese Situation wird als Bereicherung des Projektes angesehen, um auch die Wirkungen von Insektenwällen in einem ökologischen Bewirtschaftungssystem beurteilen zu können. Als weitere Besonderheit wird im Gutsbetrieb Mariaburghausen die Saatgutmischung ohne Gräser ausgebracht. Dies ist eine Notwendigkeit, da im Betrieb eine Grassaatgutvermehrung stattfindet und somit keine fremden Gräser im Umfeld von 200m um die Saatgutvermehrungsflächen eingesät werden dürfen. Auch dies ist eine Besonderheit, die als Ergänzung und Bereicherung des Projektes beurteilt wird. Die Kartierung der Brutvögel ist im ersten Durchgang bereits erfolgt. Aufgrund der aktuellen Ausgangsbeschränkungen ist die Feldhasenzählung noch nicht erfolgt.

Wie in Unterfranken beteiligen sich auch in Niederbayern zwei nachbarschaftliche Betriebe an dem Projekt. Beide Betriebe arbeiten konventionell. Die Örtlichkeiten zur Anlage der Insektenwälle sind festgelegt. Bis dato konnten jedoch erst sechs Insektenwälle festgelegt werden. Es werden weitere Flächen ausgesucht und im Laufe des Jahres wird versucht, die Stichprobe zu komplettieren. Aufgrund der Struktur der Betriebe und der Lage der einzelnen bewirtschafteten Schläge war eine Festlegung von mehr Insektenwälle noch nicht möglich. Ein dritter Betrieb vor Ort kann keine Insektenwälle anlegen wie ursprünglich geplant, da die Flächen bereits Teil des Projektes FRANZ und daher nicht zusätzlich in das Beetle Bank-Projekt integriert werden können, um eine Ergebnisbeeinflussung zu vermeiden.

In den beiden ausgewählten niederbayrischen Betrieben ist die Brutvogelkartierung ebenfalls im ersten Durchgang erfolgt. Die Feldhasentaxation konnte aufgrund der aktuellen Ausgangsbeschränkungen noch nicht erfolgen.

Untersuchungsgebiet in Schwaben in der Gemeinde Wallerstein
Untersuchungsflächen in Unterfranken bei Haßfurt
Untersuchungsflächen in Niederbayern, Gemeinde Mamming und Gottfrieding

Saatgutmischungen

In Zusammenarbeit mit der Firma Rieger-Hofmann GmbH, Blaufelden wurde eine erste Saatgutmischung für die Insektenwälle zusammengestellt. Die Mischung enthält neben horstbildenden Gräsern wie z.B. dem Knaulgras eine Vielzahl von Wildkräutern, die Insekten sowohl als Nahrungspflanzen dienen, aber auch von zentraler Bedeutung für die Fortpflanzung sind. Wildkräuter wurden auch im Hinblick auf eine artenreiche und physiologisch sinnvolle Ernährung z.B. des Feldhasen zusammengestellt.

Die Saatgutmischungen sind bestellt und werden den Betrieben direkt per Post zugestellt.

Wall-Gräsermischung (Horstgräser) mit Wildpflanzen
wiss. Name Artname, deutsch Ansaatstärke g/100qm Mischungsprozent
Anthriscus sylvestris Wiesenkerbel 5,00 3,33%
Centaurea cyanus Kornblume 9,00 6,00%
Cichorium intybus Gemeine Wegwarte 5,00 3,33%
Daucus carota Wilde Möhre 5,00 3,33%
Dipsacus fullonum Wilde Karde 6,00 4,00%
Echium vulgare Gewöhnlicher Natternkopf 5,00 3,33%
Knautia arvensis Ackerwitwenblume 3,00 2,00%
Leucanthemum ircutianum Fettwiesen-Margerite 5,00 3,33%
Lotus corniculatus Gewöhnlicher Hornklee 1,00 0,67%
Malva sylvestris Wilde Malve 2,00 1,33%
Onobrychus viciifolia Saatesparsette 8,00 5,33%
Pastinacea sativa Pastinak 5,00 3,33%
Tanacetum vulgare Rainfarn 2,00 1,33%
Trifolium pratense Wiesenklee 4,00 2,67%
Verbascum nigrum Schwarze Königskerze 5,00 3,33%
Verbascum thapsus Kleinblütige Königskerze 5,00 3,33%
Gräser
wiss. Name Artname, deutsch Ansaatstärke g/100qm Mischungsprozent
Arrhenaterum elatior Glatthafer 10,00 6,67%
Bromus mollis Weiche Trespe 12,50 8,33%
Cynosurus cristatus Wiesenkammgras 12,50 8,33%
Dactylis glomerata Knaulgras 10,00 6,67%
Festuca pratensis Wiesenschwingel 15,00 10,00%
Holcus lanatus Wolliges Honiggras 7,50 5,00%
Trisetum flavescens Wiesen-Goldhafer 7,50 5,00%

Vorbereitungen der ökologischen Kartierungen

Für die Zählung der Feldhasen steht nur noch ein kleines Zeitfenster bis Mitte April aus. Es wird versucht, die Taxationen noch durchführen zu können, allerdings sollen methodengemäß drei Personen die Zählung im Fahrzeug ausführen, was derzeit nicht erlaubt wäre.

Die Brutvogelkartierung erfolgt in Anlehnung an die Methodenempfehlungen von Südbeck et al. (2005/2012) in vier Durchgängen, die zwischen März bis Juni erfolgen. Der erste Durchgang ist erfolgreich in allen drei Gebieten abgeschlossen.

Aktuell laufen die Vorbereitungen für die Kartierungen der Insekten. Es werden Barberfallen ab Mai auf denInsektenwällen eingebaut und entsprechend der Methodenvorgaben kontrolliert und erfasst. Im Rahmen der Untersuchungen werden die Barberfallen zwischen Mitte Mai bis Ende September im zweiwöchigen Turnus geleert. Die eingesetzten Becher sollen ca. einen Öffnungsdurchmesser von 90 Millimetern und eine Tiefe von ca. 100 Millimetern aufweisen. Hierzu eigenen sich beispielsweise handelsübliche 400 Milliliter Mehrwegbecher. Die Becher werden so eingegraben, dass ihr Rand mit der Bodenoberfläche eben abschließt und kein unnatürliches Hindernis gebildet wird.

Als Fangflüssigkeit wird eine vierprozentige Formollösung mit etwas Spülmittel zur Reduktion der Oberflächenspannung eingesetzt. Sollten starke Regengüsse auftreten sind die Fallen anschließend umgehend zu kontrollieren und bei länger anhaltenden Regenperioden werden die Fallen mit einem Dach aus Plexiglas versehen.

Die einzelnen Becher werden in einem Abstand von zwei Metern zu je sieben Gefäßen einmal an jedem Ende eines Insektenwalls und in der Mitte aufgebaut. Im Abstand von ca. 200 Metern (soweit möglich) zum Insektenwall werden Fallen nach gleichem Schema auch in den ausgewählten Nullfächen im gleichen Schlag eingebaut.

Fliegende Insekten werden durch Malaise-Fallen gefangen und quantitativ untersucht. Malaise-Fallen werden in verschiedenen Projekten eingesetzt, so dass die Ergebnisse auch mit anderen Studien vergleichbar werden. Höchste Fangergebnisse werden bei Dipteren (Fliegen und Mücken z.B.) und Hymenopteren (Bienen, Wespen, Hummeln z.B.) zu erwarten sein.

Eine Bestimmung der gefangenen Insekten erfolgt mindestens auf Ebene der zoologischen Familie. Analog der Barberfallen werden Malaisefallen je an einem Ende und in der Mitte des Insektenwalls aufgestellt. Die Fallen werden für je eine Woche im Abstand von vier Wochen zwischen Mai und August fängisch gestellt. Die Nullflächen werden äquivalent mit Fallen bestückt.

Der Einsatz von Malaise-Fallen ist genehmigungspflichtig. Die Genehmigungen werden aktuell beantragt.

Zur Komplettierung des Artenspektrums werden in den Wochen, in denen die Malaisefallen fängisch gestellt werden auch systematische Kescherfänge durchgeführt. Tagschmetterlinge und Widderchen sind hier die wesentlichen Zielarten. Die Kescher sind bereits teilweise vorhanden und werden ergänzend noch bestellt.

Bestandsaufnahmen werden auf allen Probeflächen (Insektenwälle und Nullflächen) im Rahmen von fünf Begehungen durchgeführt. Nachweise erfolgen überwiegend durch Beobachtung der Imagines (erwachsene Insekten), wobei auf spezielle Verhaltensweisen wie z.B. Paarung, Eiablage und Blütenbesuche geachtet wurde. Diese Beobachtungen vermitteln Hinweise über die Funktionen der Probeflächen als Lebensraum. Um die Bindungen der gesichteten Arten an die untersuchten Standorte belegen zu können, sind die Erfassung bedeutsamer Nektar- und Wirtspflanzen ebenso wichtig. Tiere, die mit dem Kescher gefangen werden, werden nach erfolgter Determination vor Ort wieder frei zu lassen. Die Anzahl der pro Begehung festgestellten Falter wird geschätzt und folgenden fünf Größenklassen zugeordnet: e = Einzelnachweis; sv = sehr vereinzelt (wenige Einzelnachweise, ca. 2-5 Individuen pro 30 Minuten); v = vereinzelt (wenige Nachweise, ca. 6-10 Individuen pro 30 Minuten); h = häufig (individuenreiches Auftreten, ca. 11-20 Individuen pro 30 Minuten); sh = sehr häufig (>20 Individuen pro 30 Minuten). Die Suche nach Präimaginalstadien (Eier, Raupen) kann ergänzend und im Einzelfall betrieben werden.

Zur Erfassung der Säugetiere und Brutvögel werden in den Monaten Mai und Juni ergänzend Drohnen mit Wärmebildkamera eingesetzt. Die Flughöhe und Fluggeschwindigkeit ist in vorherigen Tests festzulegen. Die Flüge erfolgen in der Regel in den frühen Morgenstunden. Aktuell ist der Einsatz von Drohnen noch nicht möglich aufgrund der Ausgangsbeschränkungen. Die Organisation der Drohnenflüge läuft aktuell.