In Zusammenarbeit mit Gut Hardegg und dem Game & Wildlife Conservation Trust, UK
Wildtiererfassungen durch Naturnutzer
Daten über wildlebende Tiere oder auch Pflanzen systematisch zu erheben und zu bewerten ist eine zentrale Basis für jede effiziente und zielorientierte Artenschutzstrategie. Zum einen ermöglichen Monitoringdaten eine aktuelle Bewertung des Erhaltungszustands und über mehrere Jahre hinweg können Populationsentwicklungen beschrieben und ggf. auch Maßnahmen auf ihre Wirksamkeit überprüft werden.
Die Game Conservancy Deutschland e.V.(G.C.D.) führt seit der Gründung eigene Monitoringstudien durch wie z.B. die pflanzensoziologischen oder auch avifaunistischen Arbeiten in Wirtschaftswäldern und beteiligt sich an der Umsetzung und der Entwicklung von Erfassungsprogrammen.
Der Englische Game and Wildlife Conservation Trust (G.W.C.T.) hat im Jahr 2014 eine recht einfache Vogelzählung etabliert, die interessante Einblicke in die Vogelfauna der Feldflur liefert. Für die einzelnen Jahre sind Ergebnisse online einsehbar (https://www.bfbc.org.uk/results/). Im Februar 2019 wurden von mehr als 1.400 Landwirten, Grundeigentümern und Jägern 140 Vogelarten auf über 400.000 ha Offenland in Großbritannien kartiert.
Auf Initiative des Gutes Hardegg wurde in Österreich schon im Jahr 2015 in bisher noch kleinerem Umfang die gleiche Feldvogelerfassung begonnen. Immerhin 37 Teilnehmer lieferten Beobachtungsdaten im Jahr 2019.
Am 23. Januar 2020 wurde auf Gut Hardegg eine größere Schulung für Landwirte, Jäger und Naturinteressierte durchgeführt, um die Stichprobenzahl zunächst in Niederösterreich weiter zu erhöhen.
Warum wird gezählt?
Die Datenbasis einer Feldvogelzählung ist eine wichtige Grundlage, um die Effekte von Landschaftsveränderungen, wie z.B. die Pflanzung von Hecken, Brachen, Blühflächen oder anderen Maßnahmen auf die Verteilung und die Häufigkeit von Vogelarten darzustellen. Häufig wird von den Teilnehmern an der Zählung auch berichtet, dass sie dadurch manches über ihr Revier bzw. ihre Bewirtschaftungsflächen hinzugelernt haben.
Landwirte und Jäger spielen eine zentrale Rolle für das Überleben sehr vieler Vogelarten des Halboffen- und Offenlandes. Sie tragen die wesentliche Verantwortung für das flächenmäßig größte Singvogelhabitat unserer Kulturlandschaft.
Anstrengungen und Maßnahmen zur Erhaltung der Biodiversität und Artenvielfalt werden allerdings bisher kaum dokumentiert und honoriert. Ohne entsprechendes Datenmaterial ist dies auch nicht möglich und es überwiegen in der öffentlichen Darstellung die negativen Effekte, die durch unsere Landnutzungsformen insbesondere die Landwirtschaft hervorgerufen werden.
Die Jägerschaft in Deutschland hat z.T. schon in den 1990er Jahren damit begonnen, ein Monitoring für die jagdbaren Wildarten aufzubauen und dies hat sich zu einem hervorragenden Instrument zur Beurteilung von Populationsentwicklungen entwickelt (https://www.jagdverband.de/content/wild-monitoring). Das Wildtierinformationssystem der Länder Deutschlands (W.I.L.D.) wurde unter anderem von Prof. Dr. Dr. hc. mult. Paul Müller ins Lebens gerufen. Hier werden z.T. aufwändige Methoden eingesetzt, aber vielfach sind es auch einfache Kartierungen und Einschätzungen von Beständen. Diese Daten haben bereits vielfach zur Versachlichung den Diskussionen um Naturschutz und Jagd beitragen können.
Die Game Conservancy Deutschland möchte in diesem Winter 2020 zunächst mit einer Machbarkeitsstudie zu einer Feldvogelerfassung nach dem Schema des GWCT exemplarisch beginnen.
Notwendige Unterlagen und Kenntnisse
Im unteren Download-Bereich erhalten Sie einen Fragebogen, der bzgl. der Artenauswahl und des Aufbaus von der G.W.C.T. übernommen wurde. Graf Hardegg hat den Bogen in die deutsche Sprache übertragen und der G.C.D. zur Verfügung gestellt.
Zur Ansprache der Vögel im Gelände sind grundsätzliche Artenkenntnisse vorauszusetzen. Um sich in die Vogelkunde einzuarbeiten, können klassische Bestimmungsbücher oder auch eine Reihe an Smartphone tauglichen Apps genutzt werden.
Die G.C.D. plant im kommenden Jahr, Vogelschulungen anzubieten, wie sie bereits am 23. Januar 2020 in Seefeld-Kadolz, Gut Hardegg umgesetzt wurde.
Zählung der Vögel
- Wählen Sie einen Tag zwischen dem 7. und dem 16. Februar 2020 aus und dokumentieren Sie alle Vogelarten und die Zahl der gesehenen Individuen, die Sie innerhalb von 30 Minuten in einem speziellen Gebiet in Ihrem Revier oder auf Ihrem Betrieb erfassen. Wählen Sie ihren Zählpunkt nach Ihrem Ermessen aus. Verweilen Sie die 30 Minuten bitte vollständig an Ihrem ausgewählten Beobachtungspunkt. Achten Sie darauf, dass Sie möglichst einen guten Rundblick haben und dass Sie nach Möglichkeit etwa zwei Hektar Fläche beobachten können.
- Geben Sie gemäß den Angaben auf dem Erfassungsbogen die Habitattypen und die Feldfrüchte an, die Sie von Ihrem Zählpunkt ausgehend beobachten können. Somit können wir die Beobachtungen in der Auswertung besser einordnen.
- Um eine möglichst hohe Anzahl an Vögeln zu beobachten, suchen Sie sich strukturreiche Flächen aus. Wildäcker, Futterstellen, Brachen, Heckenränder u.a. sind attraktive Habitatelemente, die interessante Resultate erwarten lassen.
- Idealerweise findet die Zählung in der Morgendämmerung statt. Vögel zeigen dann ihre höchste Aktivität im Tagesgang. Es ist allerdings wichtiger, dass überhaupt gezählt wird und so bleibt grundsätzlich der Zählzeitpunkt Ihrer freien Zeitplanung überlassen.
- Nutzen Sie gerne ein Fernglas zur sicheren Ansprache der Vögel und nach Belieben eine Kamera zur späteren Bestimmung der Arten.
Übermittlung der Ergebnisse
Bitte mailen, faxen oder senden Sie den ausgefüllten Fragebogen per Post an die Game Conservancy Deutschland e.V.
Email: sekretariat@gameconservancy.de
Fax: +49 (0) 9082 96 94-19
Postanschrift: Game Conservancy Deutschland e.V.
Schlossstraße 1
86732 Oettingen in Bayern
Eine erste Ergebniszusammenfassung für das Jahr 2020 aus Deutschland und Österreich wird am 16.5.2020 anlässlich unserer Jahreshauptversammlung auf Gut Hardegg vorgestellt.
Vorläufige Ergebnisse aus Österreich
In den Jahren 2017 bis 2019 sind aus Österreich insgesamt 96 Erfassungsbögen auf Gut Hardegg eingegangen. Diese Daten flossen sowohl in die Auswertung der G.W.C.T. ein und konnten auch durch die G.C.D. ausgewertet werden. Über die letzten drei Jahre gab es eine leichte Zunahmen der Beteiligung, allerdings sollte die Stichprobe künftig noch deutlich vergrößert werden, um eine höhere Aussagekraft der Daten zu erzielen.
Während dieser drei Erfassungsjahre sind insgesamt 54 Vogelarten beobachtet worden. Im Jahr 2019 wurden insgesamt 1.871 Vogelindividuen bei der Zählung, die jedes Jahr in der ersten Hälfte des Februar durchgeführt wird, erfasst. Die häufigsten Arten während aller Untersuchungsjahre sind Feld- und Haussperling, Wacholderdrossel, Türkentaube und Kohlmeise. Nur einzelne Exemplare werden hingegen von Rebhuhn und Bluthänfling bestätigt, was auch den aktuellen Entwicklungstrend dieser Arten im gesamten Verbreitungsgebiet widerspiegelt.
Neben Auswertungen der einzelnen Jahre ist aus den Daten auch ein Trend der beobachteten Vögel abzuleiten, wobei die Aussagekraft aufgrund der einfachen Methode sowie der derzeit noch geringen Stichprobe nicht repräsentativ sind. Da über die Jahre die Beteiligung an der Feldvogelkartierung nach den Vorgaben des „big farmland bird count“ des G.W.C.T. unterschiedlich hoch ist, wurden die beobachteten Vogelindividuen durch die Anzahl der abgegebenen Kartierbögen geteilt. Der so gebildete Häufigkeitsindex bildet die relative Häufigkeit der jeweiligen Art ab.
Abbildung 2. zeigt eine sprunghafte Abnahme der gezählten Grünfinken, was jedoch eher auf regional veränderte Überwinterungsplätze zurückzuführen sein dürfte als auf eine drastische Populationsreduktion. Linear rückläufig bilden sich hingegen die Winterbestände des Feldsperlings ab. Dies könnte allerdings einem allgemeinen Bestandstrend der Art folgen, während der Hausperling in der Kartierung zunehmend häufiger auftritt.
Die Entwicklung von Feldvogelarten über mehrere Jahre als Monitoring darzustellen, ist eines der wesentlichen Ziele dieser Vogelzählung. Wenn die Daten regionalisiert auswertbar sind, können allerdings auch interessante räumliche Vergleiche angestellt werden und ggf. dient die Untersuchung dann auch in gewisser Weise der Evaluierung von Maßnahmen in der Feldflur. Die aktuell vorliegenden Ergebnisse aus den Jahren 2017 bis 2019 aus Österreich wurden versuchsweise regionalisiert, in dem die Flächen des Gutes Hardegg mit benachbarten Flächen sowie den Daten aus den weiteren Regionen Niederösterreichs verglichen wurden. Auch dazu wurden die relativen Beobachtungshäufigkeiten der Arten als Index berechnet.
Bei allen in der Grafik (Abbildung 3.) dargestellten Arten, sind die Beobachtungshäufigkeiten auf den Flächen des Gutes Hardegg am höchsten. Insbesondere Haus- und Feldsperling sowie die Goldammer sind mehr als doppelt so häufig wie in anderen Regionen. Dies ist ein deutlicher Hinweis, dass die Art der Landwirtschaft und der Landschaftsgestaltung in Verbindung mit einer flächendeckenden Fütterung der Feldvögel einen wesentlichen Beitrag zum Erhalt der Vogelvielfalt und Populationsdichte leisten kann.
Auch die selteneren Arten (Abbildung 4.) sind überwiegend auf Gut Hardegg häufiger als in anderen Regionen. Unter den Singvögeln werden innerhalb der Erfassungen auch die Rabenvögel erfasst und ebenso werden Greifvogelbeobachtungen notiert. Bzgl. der Häufigkeit des Mäusebussards gibt es demnach keine bedeutenden Unterschiede zwischen den Regionen, während der Sperber als hervorragender Singvogelprädator vielfach häufiger auf den Flächen des Gutes Hardegg beobachtet werden kann. Die Aaskrähe wird auf Gut Hardegg deutlich seltener kartiert als in den Vergleichsregionen, was mit der effizienten Bejagung generalistischer Beutegreifer korrelieren dürfte.
Die Feldvogelzählung nach den Vorgaben des G.W.C.T. bietet eine einfache und doch vielfältig nutzbare Basis für ein Monitoring der Feldvogelvorkommen im Winter. Die Einfachheit der Methode bietet die Chance, viele Menschen und insbesondere Landnutzer einzubinden und für den Erhalt der Biodiversität in der Agrarlandschaft zu sensibilisieren. Die Aussagekraft der Methode und die Repräsentativität der Daten hängt wesentlich von der Stichprobengröße ab. Es wäre unbedingt empfehlenswert, die Methode einer breiten Basis zu vermitteln, so dass die Daten auch besser zur Evaluierung von Maßnahmen in der Feldflur eingesetzt werden können.