Schwarzwild – Bedeutung von Kirrungen

Schwarzwild – Bedeutung von Kirrungen

Fördern Kirrungen das Populationswachstum?

© Dr. Daniel Hoffmann, Game Conservancy Deutschland

Immer wieder wird der Jägerschaft vorgeworfen, sie fördere durch Verabreichen von Kirrgut die Reproduktion des Schwarzwildes. Ein
Vorwurf, der schwer wiegt. Kirrungen werden vor allem zur Bejagung genutzt – dies ist insbesondere in Hinblick auf die Bedrohung durch die Afrikanische Schweinepest relevant. Was ist also dran an der Behauptung? Hier der derzeitige Kenntnisstand.

Dass Schwarzwild wie keine andere große Säugetierart in den letzten Jahrzehnten einen erheblichen Zuwachs bei weiträumiger Verbreitung realisieren konnte, ist nicht mehr nur aus wissenschaftlichen Fachpublikationen und der Jagdliteratur bekannt, sondern ist verstärkt auch der Tagespresse zu entnehmen.

Während die Populationszuwächse beim Schwarzwild in aller Munde sind, konnten auch mehrere andere europäische und nichteuropäische Arten erheblich an Verbreitungsgebiet und Individuenzahl gewinnen. Beispiele gibt es hierfür in der Vogelwelt wie bei den Säugern. Um nur einige zu nennen, gehören zu den Gewinnern Kormoran, verschiedene Gänsearten, Mäusebussard, Kolkrabe, Steinmarder, Dachs, Fuchs sowie Waschbär und Marderhund. Die Zuwächse sind bei diesen Arten zum Teil noch wesentlich höher als beim Schwarzwild, aber da die Konsequenzen dieser Vermehrung sich nicht jedem „Naturfreund“ durch Anblick von zerwühlten Wiesen erschließen und manche Art einen lobbyistischen Schutzschirm besitzt, konzentriert sich die Feststellung der „Überpopulation“ gerne auf das Schwarzwild.

Pseudoökologie

Dabei ist dieser Begriff der „Pseudoökologie“ vorbehalten, denn jeder Vorgang in einer Population hat konkrete Ursachen, die wir jedoch nicht immer vollständig beschreiben und erklären können. Eine Ursache für einen nachhaltigen Populationsanstieg kann in einer reduzierten Mortalität innerhalb einer oder mehreren Altersklassen der Population liegen. Gründe dafür wären zum Beispiel zu suchen in der veränderten Wirksamkeit oder dem Vorkommen von Krankheiten, in veränderten Klimabedingungen, verbesserten oder neuerschlossenen Nahrungsgrundlagen und Habitaten, verminderter Prädation oder Konkurrenz.

Während darüber hinaus Evolution mit der Konsequenz von genetischen Veränderungen bei Arten in der Regel ein Prozess oft hunderter Generationen darstellt, sind tradierte oder erlernte Veränderungen im Verhalten als Adaptationen mit einer wesentlich geringeren Zahl von Generationswechseln möglich. Beim Steinmarder, der spätestens in der Mitte des letzten Jahrhunderts „gelernt“ hat, die Siedlungen als Habitat zu erschließen, liegt ein Grund für seinen starken Populationszuwachs sicher in diesem neuen Verhaltensrepertoire.

Schwarzwild hat klare Populationsdynamik

Festzuhalten ist, dass das Schwarzwild kein biologischer Sonderling ist, sondern klaren populationsdynamischen Prozessen folgt. Eine Wachstumskurve, die die Entwicklung einer Population über mehrere Jahre beschreibt, beginnt zunächst mit einer allmählichen Stabilisierung und leichten Erhöhung der Population. Dieser Startprozess zeichnet sich durch einen linearen Anstieg aus, auf den eine Phase exponenzieller Individuenvermehrung folgt. Diese zweite Phase wird landläufig gerne als „Populationsexplosion“ bezeichnet, endet jedoch in der Regel nach wenigen Reproduktionsperioden auf einem neuen, höheren Populationsdichtelevel. Am Beispiel Schwarzwild können wir diesen Vorgang gut anhand der Jagdstrecken nachvollziehen. In den waldreichen Ländern oder Landesteilen mit traditionellem Schwarzwildvorkommen ist vielfach dieser neue Populationslevel erreicht, und die Population beginnt um einen mehrjährigen Mittelwert zu schwanken. In Gebieten mit Ausbreitungspotenzial ist dagegen noch nicht mit dem Erreichen des möglichen Dichteniveaus zu rechnen.

Körpermassezunahme bei Mastschweinen bei unterschiedlicher Futtergabe (nach Neu 2007).

Reduktion des Schwarzwildes

Universalrezepte zur Reduktion des Schwarzwildes gibt es nicht, denn bereits Sozialsystem und Reproduktionsbiologie weisen in unterschiedlichen Landschaften und verschiedenen Jahren eine beachtliche Variationsmöglichkeit auf, so dass insbesondere Jäger, die die Situation „in den Griff“ bekommen sollen, wissen müssen und lernen umzusetzen, welche Maßnahmen in Frage kommen und welche in Frage gestellt werden können.

Grundsätzlich rekrutiert sich das Reproduktionspotenzial des Schwarzwildes aus hoher Frischlingszahl bei adulten Individuen und der Tatsache, dass bei guter Nahrungsverfügbarkeit bereits Frischlinge aufnahmefähig sind und erfolgreich Nachwuchs aufziehen können. Nahrungsverfügbarkeit und deren Erreichbarkeit sowie die Überlebensrate der Frischlinge bestimmen die Populationsentwicklung und ebenso das Gesamtareal des Schwarzwildes. Sein Vorkommen, das sich über große Teile Eurasiens erstreckt, lässt bereits mehr als vermuten, dass die Art evolutiv erfolgreiche Anpassungsmechanismen entwickelt hat. Begrenzt werden das natürliche Vorkommen und die Dichte durch winterliche Kälteperioden, andererseits durch Trockenheit, was beides an die Nahrungsverfügbarkeit und Nahrungsproduktion der Landschaften gekoppelt ist. Verluste beispielsweise durch lange Frostperioden oder durch große Prädatoren, die im Gesamtareal nicht nur Wölfe und Bären, in geringerem Umfang auch Luchse, sondern ebenso Tiger, Indische Löwen und natürlich der Mensch sind, kompensiert Schwarzwild durch eine hohe Nachkommenzahl. Sowohl Prädation als auch Kälte betreffen überwiegend die Frischlinge, während vitale, adulte Individuen Notzeiten überstehen können und aufgrund der Wehrhaftigkeit ein oft zu großes Risiko für den Beutegreifer darstellen.

Sind Frischlingsverluste hoch, steigt die Bedeutung der Entnahme von Reproduktionsträgern, also den Bachen, um eine Bestandsreduktion herbeizuführen. Bei hoher Überlebensrate der Frischlinge, was nur unter günstigen Umweltbedingungen erreicht wird, mindert sich die Bedeutung erhöhter Bachensterblichkeit insbesondere dadurch, dass Frischlingsbachen bereits ab dem fünften Lebensmonat (Aufbruchgewicht ab 22 kg!) erfolgreich Nachwuchs produzieren.

Reduktion durch Bejagung

Von dieser Situation ist aufgrund von verringerten Frosttagen sowie erhöhter Frequenz von Teil- und Vollmastjahren (insbesondere Buche und Eiche) derzeit in Mitteleuropa auszugehen. Ziel einer auf Reduktion ausgelegten Bejagung muss also eine hochintensive Bejagung der Frischlinge sein, wobei daneben auch Bachen nicht geschont werden dürfen, sofern sie nichtführend sind und nicht die Leitbachenfunktion innehaben. Der Leitbachenabschuss führt in der Regel zu einer Zersplitterung der Rotte, wobei eine Angliederung an andere Rotten nach mehreren Wochen erfolgen kann (Müller 2009). Während dieser „führungslosen“ Periode ist die Rate des Beschlags von Frischlingen wahrscheinlich erhöht, so dass dies die Progressivität ansteigen lässt. Während die hormonelle Steuerung bzw. Unterdrückung der Rausche bei Frischlingen nicht nachgewiesen ist, kommt der Leitbache in der Rotte die Funktion der Nichtduldung von Keilern und Überläuferkeilern zu. Dadurch verhindert sie mechanisch, also durch Abschlagen, den Beschlag der jungen weiblichen Stücke. In der Gesamtbetrachtung hat dieser Effekt wahrscheinlich nur einen geringen Einfluss auf die Populationsdichte, allenfalls wird die Geschwindigkeit der Vermehrung durch Anwesenheit der Leitbache verringert. Dennoch ist festzustellen, dass bei derzeitigem Populationsstatus die Erlegung alter Bachen nur eine untergeordnete Rolle spielt. Selbst unter der Annahme, dass nur 30 Prozent aller Frischlinge und 40 Prozent der Überläuferbachen überleben und alle(!) älteren Bachen erlegt werden, steigt die Population unter Idealbedingungen weiter an. Berechnet werden solche Populationsprognosen nach sogenannten Leslie-Matrix-Modellen (vgl. auch Bieber & Ruf 2005), die auch die Ernährungssituation mitberücksichtigen können.

Kirrung: In Relation zur Baummast eines Mischwaldes sind die hier gereichten Maismengen von untergeordneter Bedeutung für das Wohlergehen der Sauen.

Körpermassezunahme bei Mastschweinen bei unterschiedlicher Futtergabe (nach Neu 2007).

An der Kirrung:  Hier lassen etwa 40 Prozent der Sauen ihr Leben und stehen damit nicht mehr für die Reproduktion zur Verfügung.

Buchen- und Eichelmast

Idealbedingungen sind mitteleuropäische Laubwälder mit hohem Buchen- und Eichenanteil bei benachbarter Lage zu Hochleistungsackerflächen. Geht man von 1.000 Hektar Waldfläche aus, die mit 200 Hektar fruktifizierenden Buchen und Eichen bestanden sind, ist selbst bei geringerer Mastleistung mit 2.000 Kilogramm (bis 11.000 kg bei Eiche sind möglich) Frucht je Hektar zu rechnen. Für die Modellrechnung bei 1.000 Hektar Wald ist bei 200 Hektar fruchttragenden Bäumen mit 400 Tonnen Mast zu kalkulieren.

14 Kirrungen auf 1.000 Hektar Waldfläche (ca. 75 ha/Kirrung und 3 kg/Tag) bedeuten dagegen zirka 15 Tonnen Mais bei ganzjähriger und tagtäglicher Beschickung aller Kirrungen. Die grundsätzliche Nahrungsverfügbarkeit für Schwarzwild stellt insbesondere in guten Mastjahren keinen limitierenden Faktor dar, zumal die Tiere, wenn auch zeitlich beschränkt, eine ähnlich „unerschöpfliche“ Nahrungsgrundlage in den Feldfrüchten finden. Ein moderner Weizenschlag produziert selbst bei geringen Bodenpunkten selten weniger als 6.000 Kilogramm je Hektar.

Die Beispiele Eicheln, Mais und Weizen haben aus Sicht der Schwarzwildernährung jedoch eine erhebliche Einschränkung gemeinsam. Als Allesfresser ist das Schwarzwild nicht alleine auf die Kohlenhydratmassen der Feld- und Waldfrüchte angewiesen. Zur mangelfreien Ernährung sowie insbesondere der erfolgreichen Frischlingsaufzucht erlangen die Nahrungsbausteine aus Fetten und Proteinen große Bedeutung. Widmet man sich der Schweinernährung – was an dieser Stelle kein ernährungsphysiologisches Semester einer Agrarfakultät ersetzen kann –, ist schnell festzustellen, dass wir bei den Thesen über Futterbedarf auf die jahrzehntelangen Studien der Hausschweinzucht zurückgreifen müssen, was uns jedoch im Grundsatz auch für das Schwarzwild von enormem Wert ist. Dieser Erkenntnishintergrund muss genutzt werden, wenn das Kirren des Schwarzwildes als künstlicher Zusatzmotor der Reproduktion in die Diskussionen kommt. Für einen Schweinemastbetrieb kommt es zum Ersten auf die Verdaulichkeit des verabreichten Futters an. Hier findet sich nirgends Ganzkornfutter, wenn Mast und Reproduktionsleistung als Betriebsziel definiert sind, da erst durch das Vermahlen oder das Schroten auch mit anschließendem Silieren der Futtermittel die Verdaulichkeit sowie der Aufschluss im Magen-Darm-Trakt signifikant verbessert werden. Für die Fütterung von ganzen Körnern gibt es kaum neuere Literaturhinweise, aber bereits die Unterschiede zwischen geschrotetem und gemahlenem  Korn äußern sich durch geringere mengenmäßige Futteraufnahme insgesamt, schlechtere Futterverwertung und geringere Gewichtszunahme bei gröberem Futter (vgl. Neu 2007). Damit ist das häufigste Kirrmaterial in Form von Körnermais keineswegs als Schweinemastmittel geeignet.

Mais allein reicht nicht

Des Weiteren sind bei der Schweineernährung Kohlenhydrate entscheidend, aber nicht primärlimitierende Nahrungsbestandteile. Hier kommt der essentiellen Aminosäure Lysin eine tragende Bedeutung zu. Lysin muss vom Tier über das Futter aufgenommen werden, da es nicht körpereigen produziert werden kann. Dementsprechend widmen sich zahlreiche Abhandlungen der korrekten Lysinverabreichung im Schweinefutter und ebenso der Verfügbarkeit von Lysin aus den verschiedenen Nährmitteln. Im Mais findet sich diese Aminosäure wie auch weitere essentielle Proteinbausteine in relativ niedriger Dosis im Vergleich zu anderen Getreiden oder Soja und ist zudem im Mais schlecht verfügbar. Ebenfalls ungünstig ist die Nutzbarkeit von Phosphor im Körnermais, der für Knochenaufbau und andere physiologische Funktionen benötigt wird. Nur 15 Prozent des vorhandenen Phosphors sind für den Körper verfügbar und müssen immer entweder zugefüttert werden oder werden vom Schwarzwild aus anderen mineralischen oder tierischen Quellen bezogen.

Mais ist also gemahlen und mit vielen weiteren Ingredienzien häufig eine wichtige Basis in der Schweinehaltung, wird jedoch nach allgemeinen Empfehlungen in der Regel nicht mehr 50 Prozent des Futtermixes ausmachen. Durch den hohen Stärkegehalt führt ein zu hoher Anteil von Mais zur Verfettung der Tiere, was insbesondere bei der Muttersauhaltung den unerwünschten Effekt einer reduzierten Ferkelzahl nach sich zieht. Ferkelzahlen und Ferkelüberleben werden zum einen beeinflusst durch permanent hohe, aber gezielte Energiezufuhr, die jedoch nur ausreicht, wenn insbesondere Protein- und Fettgehalt in der Nahrung angepasst sind. Die hohe Proteinzufuhr bei führenden Bachen führt zudem zu einem verkürzten Zeitintervall zwischen dem Absetzen der Ferkel und der nächsten Rausche. Proteine und deren Bausteine, die Aminosäuren, bezieht unser Schwarzwild bekanntermaßen nicht durch Zufütterung, sondern durch das Brechen in Wald, Wiesen und Acker. Eine hohe Zahl an Bodenlebewesen und Mäusen erleichtert die Suche und verringert die erforderlichen Aktionsradien bei niedrigerem Energieverbrauch. In jedem Revier mit Schwarzwild ist die Zeit der Buchecker- und Eichelmast bekannt als die Zeit, in der auch die größten Wiesenschäden auftreten. Dies begründet sich ernährungsphysiologisch aus dem essentiellen Bedarf an Eiweißstoffen, der weder in Eicheln oder Bucheckern noch im Mais ausreichend vorhanden ist. Aber das Schwarzwild kann durch die naturnahe Waldwirtschaft auch im Wald auf ein wesentlich höheres Angebot an tierischem Eiweiß zurückgreifen. Durch erhöhten Laubholzanteil, Windwurfflächen und Totholz im Wald haben sich die Bedingungen für eine reiche Bodenfauna deutlich verbessert, so dass neben Eicheln und Bucheckern auch die erforderlichen tierischen Nahrungsbestandteile im Wald wesentlich an Biomasse zugenommen haben. Der Beitrag für das Ökosystem Wald durch naturnahe Bewirtschaftung kommt dem Schwarzwild also nicht nur durch den erhöhten Anteil fruchttragender Laubhölzer, sondern auch durch die entscheidend verbesserte Verfügbarkeit von tierischem Eiweiß in Waldboden, Laubstreu und Totholz zugute.

Nach diesen groben Einblicken in die Ernährungsansprüche von Schweinen und dem Schwarzwild ist zu folgern, dass Kirrungen zwar zu einer Verbesserung der Kohlehydratversorgung von Schwarzwild beitragen können, in Anbetracht der natürlich vorhandenen Stärkequellen jedoch massemäßig in den Hintergrund treten. Wiederum wie im Beispiel oben ausgehend von 400 Tonnen Eicheln und Bucheckern auf 1.000 Hektar Wald, bedürfte es, um dieses natürliche Nahrungsangebot mit Mais zu erreichen, nicht 14 Kirrungen mit drei Kilogramm täglich, sondern 14 Kirrungen mit zirka 50 Kilogramm täglich. Rein rechnerisch ergäben sich fast 80 Kilogramm Mais pro Kirrung, allerdings besitzen Eicheln etwa ein Drittel weniger Energie, so dass das Äquivalent damit niedriger ausfällt. Die Nahrungsversorgung spielt folglich in den meisten mitteleuropäischen Landschaften eine untergeordnete Rolle beim Schwarzwild, weshalb sowohl in Regionen mit und ohne Kirrjagdmethode die Bestände stark angestiegen sind. Eine exakte Darstellung, ob und gegebenenfalls in welcher Zahl sich die ergänzenden Maisgaben auf die Reproduktionsleistung sowie das Frischlingsüberleben auswirken, ist derzeit nicht möglich, da dies nur in aufwändigen und großflächigen Untersuchungsgebieten zu erforschen wäre. Bisherige Studien über die Fruchtbarkeit beim Schwarzwild zeigen zwar die Zahl der Föten und Frischlinge, können jedoch den Aspekt Kirrung/nicht Kirrung nicht analysieren. 

 
Differenzierte Jagdstrecke im Saarland nach Jagdart (n=16.393)

Kirrungen spielen eine untergeordnete Rolle

Die ordnungsgemäß beschickte Kirrung dürfte in Anbetracht der Nahrungsressourcen unserer Landschaft kaum der Motor für stärkeres oder schnelleres Wachstum der Schwarzwildpopulation sein, zumal sich hier laut Streckenangaben bis zu 40 Prozent der jagdlichen Erfolge erzielen lassen. Somit wäre selbst im Falle einer gesteigerten Reproduktionsleistung die erhöhte Mortalität durch Kirrungen mit zu berücksichtigen. Allerdings dürfen Kirrungen keinesfalls zu Fütterungen und Ablageplätzen von menschlichen Nahrungsresten missbraucht werden, und ebenso sollte die Kirrmenge bei Getreide deutlich unter drei Kilogramm (ca. 1 kg) je Tag liegen. Die Kirrjagd muss als ein wesentliches Element der Schwarzwildreduktion angesehen werden. Wenn das Ziel Reduktion erreicht werden will, muss bei jeder Möglichkeit ein Frischling unabhängig seiner Gewichtsklasse erlegt werden. Gleiches gilt für Überläuferbachen und ältere Beibachen, sofern sie nicht führend sind. Angeblich „nicht verwertbare“ Frischlinge sind eine ungenügende Ausrede für eine Verschonung unter den heutigen Bedingungen und Zielen der Schwarzwildjagd, zumal auch Hasen bei gleicher Gewichtsklasse einen vorzüglichen und beliebten Braten abgeben. Effektive Schwarzwildjagd lässt sich jedoch nicht auf die Kirrjagd beschränken. Während die Zeitkapazitäten für die Ansitzjagd in vielen Revieren annähernd ausgeschöpft sind, sind Bewegungsjagden als winterliche (revierübergreifende) Drückjagd oder die Erntejagden an Mais, Raps usw. sicher vielerorts noch zu optimieren. Grundsätzlich werden eingearbeitete Sauenmeuten und in der Schießfertigkeit trainierte Jäger benötigt. Beschränkungen in der Gewichtsklasse des zu erlegenden Schwarzwildes müssen im Einzelfall überdacht werden, denn besondere Bedingungen erfordern besondere Maßnahmen. Eine Reduktion des Schwarzwildes kann nur in der Kombination der Jagdarten gelingen. Laut Modellrechnungen können wir bei der heutigen Schwarzwildpopulation davon ausgehen, dass weniger als 20 Prozent eines Frischlingsjahrgangs überleben dürfen, was angesichts der geringen natürlichen Sterblichkeit unter den gegebenen Lebensbedingungen eine enorme jagdliche Leistung abverlangt. Nur 30 Prozent der Überläuferbachen sollten im Bestand verbleiben, wenn 50 Prozent der älteren Bachen überleben. Leider ist es aufgrund der fehlenden Information zu tatsächlichen Bestandsgrößen nicht möglich, diese Prozentwerte in konkrete Zahlen zu fassen.

2019-05-09T11:02:47+00:00Mai 9th, 2019|Allgemein|